So holst du Hilfe!Tina ruft bei „147 Rat auf Draht“ an

Tina ruft bei „147 Rat auf Draht“ an

Tina ist von zu Hause weggelaufen, weil ihr Vater betrunken war und ihre Mutter angegriffen hat. Jetzt ruft sie bei „147 Rat auf Draht“ an. 

Die Vorgeschichte

Tina, 14 Jahre alt; ist vor zwei Tagen von zu Hause weggelaufen, weil ihr Vater betrunken war und ihre Mutter zum ersten Mal angegriffen hat. Als ihre Mutter sich weigerte mit Tina die Wohnung zu verlassen, ist sie alleine raus. Sie hatte es schon lange satt, immer wieder mit ansehen zu müssen, wie ihr Vater ausrastet. Ihre Mutter und sie lebten in der ständigen Angst, dass er sie auch mal schlagen könnte. Nun war es passiert.

Zunächst hat Tina bei ihrer Freundin Susanne schlafen können. Heute hat deren Mutter mitbekommen, dass Tina von zu Hause weggerannt ist. Sie fordert sie auf, ihre Wohnung zu verlassen. Und das, obwohl es schon 23 Uhr ist. Tina und Susanne verlassen zusammen das Haus. Tina ruft von einer Straßenecke bei „147 Rat auf Draht“ an. 

Der Anruf

Hallo, ist da „Rat auf Draht“?

Ja, hier spricht „Rat auf Draht“. Was kann ich für dich tun?

Ich bin von zu Hause abgehauen und weiß nicht, wo ich hin soll.

Wie alt bist du denn?

Ich bin 14 Jahre alt und heiße Tina. Aber hier ist noch meine Freundin Susanne bei mir. Die ist auch 14.

Hallo Tina. Hallo Susanne. Ist Susanne auch von zu Hause weggelaufen?

Ja. Susanne will mich nicht alleine lassen. Ihre Mutter hat mich aus der Wohnung geworfen, da habe ich zwei Nächte geschlafen.

Und wo seid ihr jetzt?

An so einer Straßenecke. 

Und nach Hause willst du nicht gehen?

Auf keinen Fall! Nach Hause gehe ich nicht! Da bleibe ich lieber auf der Straße!

Ja klar, aber langsam Tina, niemand zwingt dich, nach Hause zurückzugehen, ohne zu wissen, was bei dir los ist schon gar nicht. Wir helfen dir gerne weiter.

Ruft ihr dann meine Eltern an?

Nein, keine Sorge. Ohne deine Einwilligung werden wir gar nichts tun. Wir rufen bestimmt nicht bei deinen Eltern an, keine Sorge. Wir reden erst mal und du wirst von uns beraten. Dann wissen wir, wie es dir geht und was du dir wünschst und bekommen so eine Ahnung, wie wir dir weiterhelfen können. Falls du das möchtest, leiten wir dich für heute Nacht ins Krisenzentrum weiter. 

Was ist denn so ein Krisenzentrum?

Das ist eine Stelle, wo du schlafen kannst und wo du beraten wirst und über deine Probleme sprechen kannst. Dort kannst du gemeinsam mit deiner Freundin die Nacht verbringen. Und morgen telefonieren wir wieder und werden weitersehen. Wäre das für dich okay?

Ja, aber wie sollen wir ins Krisenzentrum kommen?

Bitte bleibe einfach in der Leitung und ich rufe jetzt dort an, dann sind wir alle drei gemeinsam im Gespräch und klären, wo ihr hinkommen könnt, ob dort ein Platz ist und wie es weitergeht. Okay?

Ja, sehr toll. Ok. 

Und so ging es weiter – Termin im Krisenzentrum

Susanne und Tina werden von der Beraterin von „147 Rat auf Draht“ ins Krisenzentrum weitergeleitet. Dort werden die beiden für eine Nacht aufgenommen. Susanne ist nur von zu Hause weg, weil sie ihre Freundin nicht alleine lassen wollte. Nun möchte Susanne wieder nach Hause. Ihre Mutter ist erleichtert darüber und holt Susanne ab.

Tina bleibt im Krisenzentrum. Sie möchte auf keinen Fall wieder nach Hause, ohne dass sich etwas geändert hat, und heute Nacht nicht mehr mit ihren Eltern reden oder sie sehen. Aufgrund der Uhrzeit und Tinas Erschöpfung gehen die Mitarbeiterinnen im Krisenzentrum  auf diesen Wunsch ein. Am nächsten Tag öffnet sich Tina im Gespräch mit der Beraterin von „147 Rat auf Draht“ und erzählt unter Tränen, wie oft sie die aggressiven Ausbrüche ihres Vaters ertragen musste. Als er jetzt zum ersten Mal ihre Mutter geschlagen hat, wusste sie, dass nun endgültig eine Grenze überschritten worden war. Deshalb hat sie vor zwei Tagen die Flucht ergriffen. 

Sie glaubt, dass ihre Mutter bereit wäre, alles zu tun, damit es zu Hause besser wird. Sie kann sich nicht vorstellen, dass ihr Vater mit dem Trinken aufhört und seine Aggressionen in den Griff bekommt. Aber sie würde sich das sehr wünschen. Mit Tinas Einverständnis wird die Mutter angerufen und das Jugendamt eingeschaltet. Tinas Mutter hatte sich große Sorgen um sie gemacht. Sie räumt ein, dass ihr Mann seine Wut nicht immer kontrollieren kann und äußert, dass sie sich sehr wünscht, dass Tina bald wieder nach Hause kommt. Im Hintergrund ist der Vater zu hören, der nicht mehr nüchtern zu sein scheint.

Alle weiteren Schritte werden am Folgetag mit dem Jugendamt abgesprochen. Tina ist bis zur Klärung der weiteren Hilfe an einem sicheren Ort und bei Menschen, die sie schützen werden.